Genetische Algorithmen in verständlichem Deutsch

(Übersetzt von Daniel Baulig, Homepage http://ip-web.hn.org/, Original verfasst auf englischer Sprache von Mat Buckland)

 

Einführung

Das Ziel dieses Tutorials ist es, euch die Funktionsweise von Genetische Algorithmen verständlich zu machen, so dass ihr sie in euren eigenen Projekten einsetzen könnt. Dies ist eine auf das Minimum reduzierte Version des Tutorials. Ich werde nicht besonders auf Details eingehen und werde euch nicht alle paar Zeilen mit schrecklichen mathematischen Axiomen langweilen. Um genau zu sein, werde ich euch beinahe garnicht mit Mathematik quälen... zumindest nicht in diesem Tutorial<smile>

 

Dieses Tutorial wurde so entworfen, dass es zweimal gelesen werden sollte... also mach dir keine Sorgen, wenn du beim ersten Durchgang nur die Hälfte verstehst.

 

(Ein Leser, David Lewin, hat dieses Tutorial in's Französische übersetzt. Ihr könnte die französische Version hier finden.)

 

Zunächst, ein wenig Nachhilfe in Biologie

 

Jeder Organismus hat einen Satz Regeln, einen Bauplan so zu sagen, welche beschreiben, aus welchen Bausteinen des Lebens der Organismus aufgebaut ist. Diese Regeln sind in den Genen des Organismus eingebettet, welche wiederum in langen Strängen, den sogenannten Chromosomen, organisiert sind. Jedes Gen beschreibt eine spezielle Eigenschaft des Organismus, zB die Augen- oder Haarfarbe und kann verschiedene Werte annehmen. Zum Beispiel, könnte der Wert für das Haarfarben Gen Blond, Schwarz oder Braun sein. Diese Gene und ihre Werte werden in der Regel als die sog. Genotyp des Organismus bezeichnet. Das Physikalische Ergebniss dieser Genotypen, der Organismus selbst, wird als Phenotyp bezeichnet.

 

Wenn zwei Organismen sich vermehren, dann teilen sie ihre Gene. Der Abkömmling wird seine Gene zur Hälfte vom einen Partner und zur anderen vom anderen Partner erhalten. Dies wird auch als Rekombination bezeichnet. Mit einer geringen Warscheinlichkeit kann es bei diesem Prozess zu einer Mutation von Genen kommen. Normalerweise beeinflusst eine solche Mutation den Phenotypen des Organismus nicht, doch eine geringe Warscheinlichkeit besteht, dass eine solche Mutation auch komplett neue Eigenschaften des Phenotypen hervorbringt [A.d.Ü.: zB neue Haarfarben, komplette Gliedmaßen etc]

 

Das Leben auf der Erde entwickelte sich durch den Prozess der natürlichen Auslese, Rekombination und Mutation. Um euch besser zeigen zu können, wie diese Prozesse beim entwickeln verschiedenster Flora und Fauna, mit der wir unseren Planeten teilen, zusammenarbeiten, werde ich euch eine kleine Geschichte erzählen....

 

Vor langer Zeit lebte eine Spezies mit dem Namen Quieker. Quieker entwickelten sich in einem verzweigten Höhlensystem, tief in dem Herzen einer Gebirgskette. Sie führten ein schönes Leben, die feuchten Höhlenwände nach ihren Algen, die sie so liebten, abtastend und abriechend, zwischen Steinen rumschlendern und, zur Paarungszeit, nach den quieken anderer Quieker horschen. In den Höhlen gab es keine Eindringlinge, nur die Quieker, die Algen und gelegentlich die nette Schnecke. Die Quieker mussten also vor nichts Angst haben (abgesehen vielleicht von den gelegentlich schlecht gelaunten Quiekern). Ein unterirdischer Fluss floss durch das Höhlensystem und Wasser tropfte kontinuirlich von der Decke, ständig Nährstoffe für die Algen mitbringend. Es gab also immer genug zu essen und zu trinken, für die Quieker. Die Quieker konnten zwar gut höhren und fühlen, aber in der Dunkelheit der Höhlen brauchten sie keine Augen und deshalb waren sie absolut blind. Dies schien die Quieker jedoch nicht besonders zu stören und so hatten sie eine tolle Zeit beim Fressen und quieken in der Dunkelheit.

 

Eines Tages brachte ein Erdbeben einen Teil des Höhlensystems zum Einsturz und zum ersten mal seit Jahrtausenden fühlten die Quieker die wärme des Sonnlicht auf ihrer Haut und die weiche geschmeidigkeit von Moss unter ihren Füßen. Ein paar verwegene Quieker probierten von dem Moss und mussten feststellen, dass es sogar noch besser schmeckt als die Algen in der Höhle. "Oooooooooooooh!", riefen sie, wärend sie das Moss in sich schaufelten und wurden dadurch auch sofort von ein paar plündernden Adlern entdeckt, die hergeflogen kamen um zu schaun, was das alles für ein Terz gewesen ist.

 

Eine ganze Zeit lang schien es, als ob die Quieker bis zu ihrer absoluten Ausrottung gejagt werden würden. Zwar mochten sie das Moß sehr, doch konnten sie ja nicht erkennen, dass Adler über ihnen flogen. Und nichtnur das: Sie wußten ja nichteinmal, ob sie unter einem schützenden Stein saßen, wenn sie ihn nicht mit ihren Fühlern erreichen konnten. Jeden Tag, stolperten viele Quieker, den süßen Geruch des Moßes in ihren Nasen, aus den Höhlen um prompt von einem Adler verschleppt und aufgefressen zu werden. Ihre Lage war durchaus schlecht.

 

Glücklicherweise wuchs die Population der Quieker über die Jahre in den sicheren Höhlen und genug von ihnen überlebten um sich zu paaren - immerhin hat auch ein Adler einen begrenzten Appetit. Eines Tages wurde ein Wurf von Quiekern geboren, die alle eine mutiertes Haut-Zellen-Gen besaßen. Dieses Gen war für die Entwicklung der Hautzellen auf ihrem Vorderkopf verantwortlich. Eben diese Hautzellen der Baby-Quieker, welche langsam heranwuchsen, entwickelten eine, durch die Mutation bedingte, leichte Lichtempfindlichkeit. Jedes dieser Baby-Quieker konnte nun erkennen, ob etwas vor ihnen das Licht blockiert oder nicht. Als die Quieker aufwuchsen und sich hinaus ins Licht begaben um vom Moß zu essen konnten sie erkennen, ob sich etwas über ihren Köpfen bewegte. Diese Quieker wuchsen mit einer leicht höheren Chance zum Überleben auf, als ihre absolut blinden Cousins. Da sie eine höhere Lebenserwartung hatten, konnten sie sich auch viel mehr repoduzieren und das neue Lichtempfindliche Hautzellen Gen an ihre nachkommen weiterreichen. Nach nur kurzer Zeit dominierten Quieker mit diesem kleinen Vorteil die Population.

 

Wollen wir mal ein paar tausend Generationen überspringen. Wenn man diesen Prozess über viele Jahre hinweg weiterführt und viele weitere kleine Mutation in den Hautzellen-Genen auftreten, kann man sich leicht vorstellen, dass aus einer einzelnen lichtempfindliche Zelle ein ganzer Klumpen dieser Zellen wird und dann wie sich das innere dieses Klumpens zu einer art Linse formt, welche dabei behilflich sein kann Licht zu sammeln und den Fokus auf bestimmte Orte zu setzen. Auch ist es nicht besonders schwer vorstellbar, dass eine Mutation zwei dieser Licht sammelnden Gebiete hervorbringen könnte. womit die Quieker über räumliches sehen verfügen würden. Dies wäre ein dramatischer Vorteil ihren zyklopischen Cousins gegenüber, da sie nun in der Lage wären entfernungen einzuschätzen und einen größeren Sichtradius hätten..

 

Wie du unschwer erkennen kannst spielen die Prozesse der natürlichen Auslese, nämlich Mutation und überleben des Stärkeren, eine gravierende Rolle in der Evolution eines Organismus. Aber wo kommt da jetzt die Rekombination is Spiel? Tja, dazu muss ich euch wohl von ein paar anderen Quiekern erzählen...

 

Etwa zur selben Zeit, als die Quieker mit den Lichtempfindlichen Zellen im Moß rumtollten und die Adler veräppelten, wurde ein weiterer Wurf Quieker geboren, die alle über ein mutierstes Gen verfügten, dass ihr quieken beeinfluste. Diese Mutation verlieh ihnen ein etwas lauteres Quieken als das ihrer Cousins und konnten dadurch auch über größere Distanzen hinweg quieken. Das war sehr vorteilhaft in der stark dezimierten Population, weil die Quieker mit dem lauteren quieken, konnten auch von Geschlechtspartnern in großer Entfernung noch gehört werden. Dazu kam noch, dass die weiblichen Quieker anscheinend gefallen an dem lauteren Quieken gefunden hatten und Quieker mit lauterem Quieken bevorzugten. Das hatte natürlich zur Folge, dass die besser ausgestatteten Quieker eine höhere Chance hatten sich zu paaren. Über die Zeit wurden laute Quieker vorherrschend in der Population.

 

Dann, eines schönen Tages, traf ein mit dem Gen für die Lichtempfindlichen Hautzellen ausgestattetes Weibchen auf ein Männchen, dass über das laute Quieken verfügte. Sie verliebten sich und kurze Zeit später bekamen sie einen ganzen Wurf niedlicher Baby-Quieker. Durch die Rekombination der Chromosome von beiden Elternteilen, verfügten manche der Quieker-Babies nun über beide speziellen Gene und besaßen nichtnur lichtempfindlichen Zellen, sondern auch ein lautes Quieken! Die neue Generation war extrem gut darin, den Adlern aus dem Weg zu gehen und im sich reproduzieren, was sie erfolgreicher im evolutionären Prozess als die anderen Quieker machte. Wieder wurde die besseren Quieker in der Population dominierend.

 

Und so weiter. Und so weiter...

 

Genetische Algorithmen ermöglichen es Probleme wie Mutter Natur zu lösen. Sie bauen auf der selben Kombination von Selektion und Mutation auf um eine möglichst effiziente Lösung zu einem Problem zu entwickeln. Ganz schön Ordentlich, ne? Blätter weiter um zu erfahren wie das ganze funktioniert.

 


 

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